Jan Ulrich Hasecke schreibt seit seiner Kindheit. Eine Milonga zu tanzen, lernte er erst sehr viel später. Der Erzähler, Essayist und Sachbuchautor wurde 1963 in Velbert geboren und wuchs im benachbarten Neviges auf. Nach einem Studium der Theaterwissenschaft in Köln und filmischen Versuchen in den 1980er Jahren, bei denen er auch Pina Bausch und ihr Tanztheater in Wuppertal kennen lernte, widmete er sich nur noch seiner ersten künstlerischen Leidenschaft: dem Schreiben. Im Jahr 2000 veröffentlichte er den Roman »Die Reise nach Jerusalem«.
Als Mitglied der Mailingliste Netzliteratur und Herausgeber des 1999 preisgekrönten Generationenprojekts gehörte Hasecke zu den Protagonisten der deutschsprachigen Netzliteratur-Bewegung, die in den 90er Jahren mit digitalen Hypertexten, kollaborativen Schreibprojekten und anderen literarischen Experimenten die neuen Möglichkeiten des Internets auslotete.
Seit 1998 glossiert er in seinem Blog »juh’s Sudelbuch« das kulturelle und politische Leben in Deutschland. Der Herausgeber des Kulturmagazins ›Die Gazette‹, Fritz R. Glunk, nannte Hasecke einmal einen ›Moralisten der Moderne‹ und sagte: »Seine besten Texte lesen sich so zupackend, als kämen sie geradewegs aus der Encyclopédie von Diderot und d’Alambert.« Die Jahrgänge 1998 bis 2014 seines Blogs sind in zwei Sammelbänden erschienen.
In »Die Wahrheit des Sehens« lässt er die Realismusdiskussion im Kino des 20. Jahrhunderts Revue passieren, beschreibt die Entwicklung des polnischen Kinos nach dem Zweiten Weltkrieg und analysiert das Realismuskonzept in Krzysztof Kieślowskis Dekalog. Der Filmpublizist Hans Helmut Prinzler lobt in seiner Rezension des Buches vor allem die »exzellente Interpretation« der zehnteiligen Fernsehserie des polnischen Filmkünstlers.
Seit Anfang der 90er Jahre interessiert sich Hasecke für die kulturellen Auswirkungen digitaler Gemeingüter auf die Gesellschaft. Er engagiert sich für freie Software und erhielt 2015 für seine Verdienste um die Verbreitung der Programmiersprache Python den PSF Community Service Award der Python Software Foundation. Für einige Jahre war er parteipolitisch aktiv und bewarb sich als Direktkandidat der Piratenpartei in Solingen um ein Mandat im Landtag sowie im Bundestag.
In letzter Zeit beschäftigt sich Hasecke vorwiegend mit kulturphilosophischen und gesellschaftspolitischen Fragen im Rahmen der Commons-Forschung wie zuletzt in seinem Buch »Soziale Plastik. Die Kunst der Allmende«.
Seine zweite große Leidenschaft neben dem Schreiben, die er mit seiner Frau teilt, ist das Tanzen. »Das Leben ist eine Milonga«, heißt es in einem Tango von Rodolfo Pascual Sciammarella, »la vida es una milonga y hay que saberla bailar«, und man muss sie oder es, das Leben – das bleibt im spanischen Original in der Schwebe – tanzen können.
»Der Tango«, sagt Hasecke, »verbindet Musik, Tanz und Dichtung zu einem kulturellen Ganzen. Er ist im Volk entstanden, in den Einwanderervierteln von Buenos Aires und Montevideo, wo Ende des neunzehnten, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts Migranten aus ganz Europa auf arbeitslose Gauchos und die Nachkommen afrikanischer Sklaven trafen. Der Tango hat all diese Wurzeln bewahrt und miteinander zu einer großen menschlichen Geste des Leidens, des Begehrens und der Sehnsucht verbunden. Er ist kosmopolitisch und volkstümlich zur gleichen Zeit. Deshalb tanzen Menschen überall auf der Welt nach seinem Rhythmus und seinen Melodien.«
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